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21.12.2018

Ertragt euch und vergebt einander

Foto: pixelio/S. Hofschlaeger

Foto: pixelio/S. Hofschlaeger

Martin Bubers „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“ bewahrheitet sich im ersten Zusammentreffen von Jesus und Johannes – bereits vor ihrer Geburt. Es ist die Begegnung schlechthin: Der künftige Prophet trifft den, der „das Leben“ ist! Der Evangelist betont damit die Hinordnung des Täufers auf den Retter und Heilbringer von Anfang an.

Auch die beiden Frauen Elisabeth und Maria stellen sich in den Dienst dieser Begegnung. Im Blick auf ihn gelingt dies, weil beide unerwartet gesegnet sind, im Vertrauen auf die göttliche Schöpferkraft. „Meine Seele preist die Größe des Herrn“, weil die Begegnung mit ihm im Sohn der Jungfrau wirkliches Leben schafft.

Auch in Nazareth gelingt wirkliches Leben nur in täglicher Begegnung von Maria und Josef mit Jesus, in Bewährung auch und gerade „voll Angst“ um den Zwölfjährigen, den sie nach drei Tagen im Tempel finden, im Haus seines wirklichen Vaters. Deshalb sind sie „Heilige Familie“!

Familie – das heißt für orientalische Ohren damals einseitige Unterordnung von Frau und Kind unter den Mann. Die Heilige Schrift sieht in solch patriarchalischer Dominanz keine echte Begegnung gemäß der Schöpfungsordnung und folglich kein wirkliches Leben. So wird der Satz im Kolosserbrief, der zunächst die patriarchalische Sicht zu bestätigen scheint – „Ihr Frauen, ordnet euch den Männern unter“ – sofort ergänzt mit „Ihr Männer, liebt eure Frauen und seid nicht aufgebracht gegen sie.“ Wahrlich neue Töne der Botschaft Jesu damals, die auch heute noch in unserer Kirche nicht ganz eingeholt sind. Papst Franziskus betont deshalb (in „Amoris Laetitia“, 156): „Unterwerfung und Lust und Liebe gehören nicht zusammen! Denn es gilt mit dem Kolosserbrief: Ihr seid von Gott geliebt! Deshalb liebt einander!“

„Für viele Frauen ist das Zuhause ein gefährlicher Ort“, so Bundesfamilienministerin Giffey, mit Verweis auf 147 weibliche Todesopfer im Jahr 2017. Was medial mit „Familiendrama“ oder „Familie als Hölle“ beschrieben wird, hat als Wurzel meist tiefe persönliche Verletzungen. Das englische Sprichwort trifft es genau: Hurt people hurt people (= Verletzte Menschen verletzen Menschen).

„Ihr Väter, schüchtert eure Kinder nicht ein, damit sie nicht mutlos werden“. Wie derartige Verletzungen das Leben für Eltern und Kinder belasten können, beschreibt erschütternd ein 2018 erschienener biographischer Roman („Irgendwo in diesem Dunkel“). Die Autorin Natascha Wodin, 1945 in Fürth als Kind eines staatenlosen russischen Zwangsarbeiters geboren, zeichnet das Bild ihres prügelnden, brutalen Vaters als tiefe Verletzung, die als Fortschreibung der Gewaltverhältnisse das Leben der Tochter bis zu seinem Tod vergiftet. Wie entkommt man der Spirale der gegenseitigen Verletzungen, Rechthabereien, Vorwürfe, hin zu einem wirklichen Leben als Begegnung, nicht nur in den Familien? „Ertragt euch gegenseitig, und vergebt einander, wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat“: das ist die Frohbotschaft am Fest der Heiligen Familie, nicht nur für die Weihnachtszeit! 

Dompropst Isidor Vollnhals

Die nächsten Termine

Donnerstag, 06. Juni
14.30 Uhr
Jugendseelsorgekonferenz der Dekanate Habsberg und Neumarkt
Ort: Katholische Jugendstelle Neumarkt
Veranstalter: Katholische Jugendstelle Neumarkt