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27.10.2017

Sich ergänzen, beschenken, bereichern

Foto: Gess

Zuversicht auf dem Weg zur Einheit der Kirchen in versöhnter Verschiedenheit: Dekan Wolfgang Hörl und Moderatorin Brigitte Gotthard-Paulus vor einer Woche beim Studientag der Ökumenebeauftragten. Foto: Gess

Rückblick aufs Reformations-Gedenkjahr: Bei Ökumene-Studientag viele Ideen vorgestellt.

Kürzlich hat Dekan Wolfgang Hörl, Zweiter Vorsitzender der Ökumene-Kommission im Bistum Eichstätt, in Hilpoltstein einen Vortrag über die Reformation und den Stand der Ökumene im Gedenkjahr 2017 gehalten. Sein Referat dauerte eine Stunde, die anschließende Diskussion weitere zwei Stunden.

Obwohl Fußballfan Hörl dadurch die Übertragung eines FC-Bayern-Champions-League-Spiels verpasste, freuteer sich über das rege Interesse am Thema. Es sei bei zahlreichen Veranstaltungen spürbar gewesen, zog der „Ökumeneminister“ des Bistums Eichstätt kurz vor Ende des Reformations-Gedenkjahrs Bilanz. Die KiZ traf ihn beim jüngsten Studientag für Ökumenebeauftragte, zu dem die Ökumene-Kommission gemeinsam mit dem Diözesanrat und dem Diözesanbildungswerk eingeladen hatte.

Den ersten Schwerpunkt des Tages im Eichstätter Priesterseminar bildete ein Vortrag über Martin Luther und den langen Weg zur Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1999 in Augsburg. Professor Dr. Manfred Gerwing, Vorsitzender der Ökumene-Kommission des Bistums Eichstätt und neuer Dekan der Theologischen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, appellierte zum Schluss seiner Rede an die Sendung aller Christen. Das Reformationsgedenken gemeinsam als Christusfest zu begehen, sei ein wichtiges Signal gewesen in Zeiten, in denendas „Glaubenswissen auf dem Nullpunkt“ angelangt sei.

„Da wird’s auch Zeit“

Dekan Hörl hatte in seinem geistlichen Impuls zum Auftakt des Studientags aus einer Predigt des Evangelischen Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm zitiert, in der dieser die Vision eines kirchenhistorischen Symposions im Jahr 2117 formuliert: „Wäre es nicht wunderbar, wenn die Kirchenhistoriker bei diesem Symposion im Rückblick nach 100 Jahren sagenwürden: Das Jahr 2017 mit seinen ökumenischen Gottesdiensten und so vielen anderen Veranstaltungen zum 500. Jahr der Reformation ist zu einer Zäsur in den Herzen der Menschen geworden – an der Basis genau wie in den Kirchenleitungen.Zu einem tiefen Gefühl, dass wir Christen zusammengehören und niemand uns mehr auseinanderreißen darf, dass wir nur gemeinsam ein starkes Zeugnis der Versöhnung in einer zerrissenen Welt geben können.“

Auch Hörl, Seelsorger in der Diasporapfarrei Neuendettelsau, sieht das Reformationsgedenken „als eine Riesenchance“, als ein gemeinsames Unternehmen, „das etwas mit uns macht“. Kein Gegeneinander mehr, wie das bei früheren Gedenkjahren gewesen sei, sondern „der Gedanke, dass man sich ergänzen, beschenken, bereichern kann“. 

Hörl hofft, dass er die Einheitder Kirchen in versöhnter Verschiedenheit noch erlebt, bevor er in Rente geht. Die 1999 in Augsburgfeierlich besiegelte Übereinstimmung in Grundfragen der Rechtfertigungslehre sei ein Meilenstein gewesen, die Fragennach Eucharistie, Amts- und Kirchenverständnis dagegen noch zu klären. Aber die Theologen seien „dran“ an diesen Themen. Bei der nächsten Frühjahrskonferenz der Bischöfe werde zum Beispiel über die Zulassung konfessionsverschiedener Ehepartner zur Kommunion gesprochen, „da wird’sauch Zeit, dass was gemacht wird“.

Hörl selbst war während des Gedenkjahrs nicht untätig. Zwei Dutzend Vorträge hat er gehalten bei Dekanatsräten, Verbänden oder in Pfarreien im ganzen Bistum. Er gestaltete Einkehrtage und Fortbildungen für Seminaristen und Kapläne und begleitete eine Studienfahrt in die Lutherstadt Wittenberg. Aber auch sein Vorgänger in der Ökumene-Kommission, Domkapitular em. Alois Ehrl, habe sich aktiv eingebracht. Hörl erinnert an die offiziellen ökumenischen Gottesdienste zum Reformationsgedenken im Bistum, zum Beispielim April in Auhausen, beim Schöpfungstag in Pappenheim am Erntedankfest und am kommenden Reformationstag in Weißenburg. Noch wichtiger aber sei „die gelebte Alltags-Ökumene vor Ort“, findet er.

Persönliche Erfahrung

Nach dieser erkundigte sich Brigitte Gotthard-Paulus, Ökumene-Kommissionsmitglied und Moderatorin des Studientags, bei den Teilnehmern: „Wie ist das Gedenkjahr bei Ihnen vorOrt verlaufen?“ Beeindrucktblättert sie etwa in dem Flyer„Ökumenische Begegnungen in Freystadt“, den Pfarrgemeinderat Peter Sczeponik aus Thannhausen herumreicht. ZahlreicheVeranstaltungen sind dort aufgelistet, vom konfessionsübergreifenden Pilgermarsch nachSulzbürg bis zum gemeinsamen Weihnachtskonzert von katholischem Kirchenchor und evangelischem Posaunenchor. Der Stadtarchivar sprach über die Reformationszeit in Freystadt, der katholische Neumarkter Dekanatsreferent Christian Schrödl brachte evangelischen Zuhörern Papst Franziskus nahe. 

Auch über die Jahreswendehinaus sind noch gemeinsameVeranstaltungen geplant. Das Gedenkjahr fordere zur Besinnung auf die gemeinsamen Wurzeln auf und setze neue Kräfte frei, meint Sczeponik, der seit 1975 ineiner konfessionsverbindenden Ehelebt. Sein Pfarrer, Pater AmadeusBuchtzik, hat ihm und seiner Frau unlängst vorgeschlagen, ihre Erfahrungen aus 42 Jahren Partnerschaft und Erziehung der gemeinsamen Kinder im Glauben im Pfarrbrief niederzuschreiben. Es ist ein langer Erfahrungsbericht geworden, „und ich bin auch oft darauf angesprochen worden“, erzählt Sczeponik.

 Persönliche, oft leidvolle Erfahrungen standen auch bei Veranstaltungen unter dem Motto„Healing of Memories“ (= Heilen von Erinnerungen) im Mittelpunkt.Erzählcafes wurden etwa in Wendelstein und Nürnberg-Reichelsdorf angeboten. Dabei zeigte sich: Was bei Älteren bleibende Narben hinterließ, ist für junge Menschen heute kaum mehr nachvollziehbar. 

Vorurteile abbauen

Markus Rohrmayr, katholischer Religionslehrer aus Ingolstadt, kann das bestätigen: „Junge Leuteunterscheiden nicht nach der Artder Religion oder Kirche. Die sinderst mal auf der Suche nach Gott“. In Älteren hingegen stecke manchmal noch das Trennende und es gebe auch noch viele Vorurteile. „Die kann man abbauen, wenn man miteinander ins Gespräch kommt“, sagt er und verweist auf den regelmäßigen Ökumenestammtisch in der Ingolstädter Münsterpfarrei. Gemeinsam gehe es darum, „als Christen Zeichenzu setzen, hinter welchen Werten wir stehen“. Eine solche Aktion ist an einem Einkaufssamstag im Advent geplant. 

Auch in Neuendettelsau gibt es im Advent ein Angebot, an dem evangelische und katholischeChristen gemeinsam teilnehmenkönnen: Exerzitien im Alltag. Aberdas gibt es in der Diasporapfarreinicht erst, seit das Reformationsgedenken ausgerufen wurde. „Ökumene ist für uns überlebenswichtig“, sagt Maria Wagenknecht,die sich auch im Ökumene-Ausschuss des Bistums engagiert. Schließlich lebten fast alle in der Gemeinde in konfessionsverbindenden Ehen: „Es läuft sehr vieles gemeinsam und die Hauptamtlichen schätzen sich sehr.“ Die Sternsinger ziehen ökumenischlos, an Fronleichnam spielt der evangelische Posaunenchor. Maria Wagenknecht organisiert Kindergottesdienste in der evangelischen Kirche, ihr evangelischer Gatte singtim katholischen Kirchenchor. Ein besonderes Element im Gedenkjahr bildeten zwei ökumenische Gottesdienste im Januar und im Juni.Der letzte findet nun am Reformationstag statt. Wagenknecht hofft, dass es mit der Einheit vorangeht. „Niemand“, sagt sie entschieden, „will zurück“. 

Gabi Gess, Kirchenzeitung Nr. 44/45 vom 29. Oktober 2017

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